Sonntag, 7. September 2014

01 - Zeitloses Ende

Der Puls eines Menschen im Ruhezustand liegt bei etwa 60 bis 80 Schlägen pro Minute. Meiner ist auch nicht anders, und trotzdem ist er besonders.
Ich heiße Tom, zumindest etwas worüber ich mich bei meinen Eltern nicht beschweren kann, und war gerade mitten in meinem Psychologie-Studium, als ich bemerkte, dass etwas mit meinem Herzschlag nicht ganz stimmte. Dazu aber gleich nochmal.
Der Alltag meines studierenden Ichs bestand immer wieder aus derselben schlichten Einöde des Lernens, viele von euch wissen wahrscheinlich was ich meine. Da ich weder in irgendeiner Studentenverbindung war, noch sehr viele Hobbys,… oder Freunde hatte, wurde das Ganze gleich noch etwas unerträglicher. Ich habe schon meine Gründe dafür, ein solch hobbyloser Mensch zu sein, dachte ich mir damals immer. Es machte oftmals einfach keinen Sinn für mich. Warum fragt ihr? Wir sprachen vorhin noch über den Herzschlag des Menschen. Kennt ihr das, wenn ihr Spaß habt und die Zeit wie im Flug vergeht? Richtig, reine Gefühlssache. Bei euch. Es ist schwer zu beschreiben, aber ein anderes Beispiel könnte es vielleicht etwas klarer machen. Nervosität. Mit der Nervosität ist das so eine Sache. Ist man nervös, so schlägt das Herz schneller, und trotzdem behaupten viele, dass sich diese Momente wie eine halbe Ewigkeit anfühlen.
Bei mir aber ist das anders. Erhöht sich mein Puls, so vergeht die Zeit schneller. Nur für mich und nicht für die Umstehenden. Aber es ist kein Gefühl. Es ist real. Wenn mein Herz pocht, immer schneller und schneller, dann vergeht eine Stunde für mich in 5 Minuten. Das Ganze hatte seine guten, aber auch schlechten Seiten, wie bei meinem ersten Mal zum Beispiel. Ich war so verdammt nervös, dass die Prozedur nach nur wenigen Sekunden auch schon wieder vorbei war. Versteht mich nicht falsch, es hat ihr schon gefallen, immerhin lag sie schwer atmend neben mir und bekam sich vor lauter Lust gar nicht mehr ein, aber ich hätte gerne mehr davon gehabt. Oder zumindest eine klare Erinnerung. Leider vergaß ich nämlich oft jene Dinge, bei denen mein Herz höher schlug…
Aber irgendwann, lief alles erst so richtig aus dem Ruder. Eine unglückliche Wendung des Schicksals sozusagen. Ich wusste selbst noch nicht was es bedeuten sollte, als mir mein Arzt mitteilte, dass ich an einer Herzrhythmusstörung litt. Ich bekam einen Apparat, der eigentlich aussah wie eine gewöhnliche Armbanduhr, nur dass sie mir stattdessen immer meinen genauen Puls verriet. Das half ein wenig um zu verhindern, dass ich bei Aufregung das komplette Geschehen verpasste. Doch natürlich konnte ich nichts gegen den unregelmäßigen Herzschlag ausrichten und so geschah es, dass sich eine Sekunde, in der mein Herz langsamer schlug, so anfühlte als wäre eine ganze Minute vergangen. Ich kann euch gar nicht sagen wie lang ich nachts brauchte um einzuschlafen. Da der Körper vor dem Einschlafen den Puls runter schraubt fühlte sich jede Nacht an, als würde ich auf meinen nächsten Geburtstag warten. Ich hatte zwar mehr Zeit zum Nachdenken, aber meine Situation verbesserte es nicht im Geringsten.

Trotz allem schaffte ich es ohne verrückt zu werden, oder draufzugehen, durch das Studium und begann meine Arbeit als relativ erfolgloser Psychologe. Da mich viele in der Umgebung schon kannten, und ich auch vielen von meinem… nun ja, Problem, erzählt hatte, hielten sie mich für nicht ganz richtig im Kopf und mir eilte der Ruf des vergesslichen Taugenichts voraus. Deshalb blieb mir wohl die Kundschaft aus.

Doch irgendwann habe ich irgendwie durch eine andere, jedoch dieses Mal, glückliche Wendung des Schicksals sie kennengelernt. Die perfekte Frau. Sie war nicht so umwerfend schön wie andere Frauen, hatte nicht studiert, war sogar arbeitslos, aber sie hatte einfach etwas an sich, das ich bis heute nicht beschreiben kann. Immer wenn ich an ihrer Seite war, strahlte sie eine solche Ruhe aus, dass sie mich damit ansteckte und ich jede Sekunde mit ihr genießen konnte.
Nur ihr wunderbares Lächeln machte mir anfangs zu schaffen, weil es mein Herz jedes Mal höher schlagen ließ, wenn ich es sah. Ich hatte gar keine andere Wahl, als sie um ihre Hand zu bitten. Ich war natürlich nervös, wie ihr euch denken könnt. Erst als sich die Zeit wieder normal verhielt und sie mir lachend und weinend zugleich um den Hals fiel wusste ich wie ihre Antwort gelautet hatte.



Nachdem ich mehr Zeit mit ihr verbracht hatte, hatte auch ihr Lächeln eine beruhigende Wirkung und so verlief die Zeit zum ersten Mal in meinem Leben nicht jedes Mal schneller, aber immer noch zu schnell. Irgendwann rückte unser großer Tag in greifbare Nähe. Da half dann nicht einmal mehr all die Ruhe die sie mit mir teilte. Und schneller als gedacht stand ich auch schon im Anzug an der offenen Tür der Kirche. Es waren sogar einige Leute gekommen, hauptsächlich ihre Verwandten, aber ich freute mich darüber. Ich begann meinen Marsch nach vorne, aber es dauerte nicht einmal eine halbe Sekunde bis ich vor dem Altar stand. Das langsame Hereinkommen der Braut hatten wir wohl auch übersprungen, denn schon im nächsten Moment erblickte ich mir gegenüber dieses vertraute Lächeln. Der Pfarrer hatte mit seiner Ansprache längst begonnen und ich hörte mich selbst „Ja, ich will.“ sagen. Er fuhr fort, doch genau in dem Moment in dem ich ihre liebliche Stimme hören sollte, gewann mein Herzschlag die Überhand, immer schneller und schneller, und als sie ihren Mund öffnete, setzte mein Herz einen Schlag a…



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Das war's soweit mit der ersten Geschichte. Hinterlasst doch bitte ein Kommentar ob sie euch gefallen hat oder nicht. Am Liebsten mit Kritik und Rating (?/10 Punkten). 

Bis dann, 
Toki

2 Kommentare:

  1. Ich würde sagen 8 von 10. Das einzige was mich stört ist das ich nicht weiß wie es weiter geht... aber die Geschichte finde ich sehr spannend und die anderen werde ich auch noch lesen :D

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  2. Hi Toki, wir hatten uns heute im Chat unterhalten, war wirklich ein nettes Gespräch mit Dir.

    Habe mir die Geschichte eben durchgelesen und finde die eingebauten Ideen und die Umsetzung echt toll. Schade ist nur, dass ich das Ende irgendwie nicht ganz verstehe... Habe instinktiv nach einem "hier bitte weiterlesen" Button gesucht. Ich weiß nicht ob es beabsichtig ist, aber das Ende wirkt leider etwas abgebrochen.

    Ansonsten, weiter so ... kommen hoffentlich noch mehr Geschichten!

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